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Zu den klinischen Zeichen der Parodontitis gehören die Ausbildung parodontaler Taschen (Sondierungstiefen ≥ 4 mm), Attachmentverlust, Knochenabbau sowie Bluten nach Sondieren (Bleeding on Probing, BOP). Während das Vorhandensein parodontaler Taschen sowie BOP Hinweise auf das Vorliegen einer parodontalen Entzündung geben, lassen Attachmentverlust und Knochenabbau Rückschlüsse auf abgelaufene Phasen aktiver Parodontitis mit Gewebedestruktion zu. Erreicht die entzündliche Zerstörung die Wurzelteilungsstelle von mehrwurzeligen Zähnen, kommt es auch in horizontaler Richtung zwischen den Wurzeln zur Zerstörung parodontalen Gewebes.
Grundlage für die Therapie sind die allgemeine und die parodontitisspezifische Anamnese, der klinische Befund ergänzt in Abhängigkeit von der rechtfertigenden Indikation durch Röntgenaufnahmen und Röntgenbefund, die Diagnose und die vertragszahnärztliche Dokumentation. Zu der Befunderhebung gehört die parodontitisspezifische Anamnese und das Erstellen eines Parodontalstatus (BEMA-Position 4, 44 Punkte).
Die parodontitisspezifische Anamnese umfasst die Erhebung von Risikofaktoren für Parodontitis:
Zum Parodontalstatus zu Beginn der systematischen Parodontaltherapie gehören obligatorisch die folgenden Befunde:
In der PAR-Richtlinie ist am 16.12.2021 eine Klarstellung zur Erhebung der Sondierungstiefen erfolgt. Die Änderung ist mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 12.05.2022 in Kraft getreten.
Nach §3 Absatz 3 Nummer 1 PAR-Richtlinie sind Sondierungstiefen und Sondierungsblutung anmindestens zwei Stellen pro Zahn zu erheben, eine davon mesioapproximal und eine davondistoapproximal. Nach § 4 PAR-Richtlinie ist die systematische Behandlung einer Parodontitis angezeigt, wenn eine der in § 4 Nummern 1 bis 3 bestimmten Diagnosen gestellt wird unddabei eine Sondierungstiefe von 4 mm oder mehr vorliegt.
Bereits nach dem bisherigen Wortlaut der PAR-Richtlinie wird der Wert der Sondierungstie-fenmessung auf den nächsten ganzen Millimeter aufgerundet, wenn die Sondierungstiefezwischen zwei Markierungen liegt. Allein zu Klarstellung und unter Berücksichtigung der im
Rahmen der in der Praxis umsetzbaren Messgenauigkeit sieht der Wortlaut nunmehr ausdrücklich eine Rundung auf den nächstgelegenen ganzen Millimeter vor. Messwerte, die unter 0,5 mm liegen, sind abzurunden, Messwerte von 0,5 mm oder darüber sind aufzurunden (kaufmännische Rundung).
Der Röntgenbefund erfordert aktuelle (in der Regel nicht älter als 12 Monate), auswertbare Röntgenbilder. Der Röntgenbund umfasst den röntgenologischen Knochenabbau sowie die Angabe zum prozentualen Knochenabbau in Bezug zum Lebensalter (KA %/Alter).
HbA1c ist die Abkürzung für Hämoglobin A1c. „Hb“ steht für „Hämoglobin“, den Farbstoff in den roten Blutkörperchen. „A1c“ ist eine blutzuckerbindende Eiweißkette. Hämoglobin A1c ist also der „verzuckerte“ Anteil des roten Blutfarbstoffs. Da die roten Blutkörperchen immer wieder neu vom Knochenmark gebildet werden, spiegelt der Wert den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten zwei bis drei Monate wider. Der HbA1c-Wert sagt in Prozent aus, wie viel Blutzucker sich in den letzten zwei bis drei Monaten an die roten Blutkörperchen gebunden hat. Deshalb ist er vor allem für Menschen mit Diabetes von Bedeutung. Ein HbA1c über 6,5 % gilt außerdem als Diagnose für Diabetes mellitus.
Je niedriger der HbA1c-Wert, desto besser war ein Mensch mit Diabetes eingestellt: Ein Wert unter sechs Prozent ist hervorragend. Bei sechs bis sieben Prozent ist die Einstellung gut bis ausreichend. Acht bis zehn Prozent sind hingegen schlecht. Sehr schlecht eingestellte Diabetiker können Werte von 15 Prozent und höher aufweisen. Ist der HbA1c-Wert dauerhaft erhöht, können Schäden an Augen oder Nieren folgen. Typ-1-Diabetiker sollten den Wert ein- bis zweimal pro Quartal messen lassen. Bei Typ-2-Diabetikern reichen zwei Messungen pro Jahr. (Quelle: Deutsche Diabetes Hilfe)
Im Rahmen der Anamnese muss nach einer Diabeteserkrankung und bei Diabetikern auch nach dem HbA1c-Wert gefragt werden. Der HbA1c-Wert ist zur Einschätzung des Risikos für die zukünftige Progression der Parodontitis relevant. Er ist als „Modifikator“ relevant für das Grading. Sofern die Patientin oder der Patient weiß, dass eine Erkrankung mit Diabetes besteht und der HbA1c-Wert bekannt ist, wird das entsprechende Kästchen angekreuzt.
Da es sich bei dem HbA1c-Wert um einen Langzeitwert handelt, muss kein tagesaktueller Wert bekannt sein. Die meisten Diabetiker befinden sich in regelmäßiger ärztlicher Kontrolle. Insofern kann der letzte HbA1c-Wert herangezogen werden. Sofern sich der/die Patient*in nicht in regelmäßiger ärztlicher Kontrolle befindet, sollte an den/die Hausarzt*ärztin verwiesen werden.
Unmittelbar nachdem sie mit dem Rauchen aufgehört haben. Die Klassifikation von 2018 (Tonetti et al. 2018) definiert dies anders als das Periodontal Risk Assessment (Lang & Tonetti 2003).
Das müssen die ZÄ/der ZA entscheiden. Es gibt keine verbindlichen Umrechnungsfaktoren. Auf jeden Fall sind Patienten, die Zigaretten, Zigarren, Pfeife, Shisha, Verdampfer etc. rauchen, Raucher Grad B. Ein Raucher, der 10 Zigarren am Tag raucht, ist sicher dem, der 10 Zigaretten am Tag raucht, gleich zu setzen und damit Grad C. In allen anderen Fällen, muss der ZA eine begründete Einordnung durchführen.
In der Behandlungsstrecke wird ein Minimum von 2 Messwerten pro Zahn definiert. Je mehr Stellen pro Zahn beurteilt werden, umso besser lässt sich aber der Therapieaufwand bei dem individuellen Patienten bestimmen.
Blutung auf Sondierung ist ein wichtiger klinischer Parameter als ein Maß für die Entzündungsaktivität einer parodontalen Tasche am Taschenboden. Beim Sondieren gesunder parodontaler Gewebe dringt die Sonde bei einem Sondierungsdruck von 0,25 N nicht in das gingivale Bindegewebe ein, daher kommt es hier zu keiner Blutung. Die Blutung auf Sondieren gilt als wichtiger prognostischer Faktor, da das Fehlen einer Sondierungsblutung ein guter Vorhersagewert für die Stabilität der parodontalen Situation ist. Dies ist besonders als Verlaufkontrolle in der UPT wichtig. Demnach deutet das Ausbleiben einer Sondierungsblutung im Rahmen der UPT mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine stabile Situation hin.
Die Blutung sollte 30 Sekunden nach dem Sondieren festgehalten werden und kann somit beispielsweise nach der Messung eines Quadranten diese Stellen diktiert werden.
Erreicht die entzündliche Destruktion des Parodonts die Wurzelteilungsstellen (Furkation) mehrwurzeliger Zähne, kann es auch in horizontaler Richtung zwischen den Wurzeln zu einer Zerstörung des Zahnhalteapparates kommen. Damit entsteht eine Nische für Bakterien, die abhängig von deren Ausdehnung für den Patienten fast unmöglich zu reinigen ist und auch eine große Herausforderung für die professionelle Instrumentierung darstellt.
Die Messung der Furkationsbeteiligung an einem mehrwurzeligen Zahn ist nicht immer einfach, da die Furkationseingänge meist nicht frei zugänglich sind, sondern oft von der Gingiva bedeckt werden.
Um dem gekrümmten Verlauf der Furkation folgen zu können, wird eine speziell gebogene Parodontalsonde (z. B. Naberssonde) verwendet. Die Einteilung der Furkationsbeteiligung erfolgt danach, wie tief die Sonde in die Furkation eindringen kann (Grad 0 bis III, siehe Definition in den PAR-Richtlinien).
Mittels zweidimensionaler Röntgentechnik ist keine zuverlässige Furkationsdiagnostik möglich. Konventionelle Röntgenbilder können aber einen Verdacht auf eine Furkationsbeteiligung geben (z. B. der “Furcation Arrow” bei mehrwurzeligen Zähnen im Oberkiefer). Der Verdacht muss aber immer klinisch abgeglichen werden.
Eine Zahnlockerung kann Ausdruck eines weit fortgeschrittenen Attachmentverlusts sein, aber auch durch funktionelle Überbelastung verursacht werden. Die Zahnlockerung wird mithilfe von zwei Instrumentengriffen bestimmt und in drei Grade eingeteilt (siehe Definition in den PAR-Richtlinien) .
Das kann man nicht pauschal beantworten und muss für jeden Patienten und seine Situation individuell entschieden werden.
Die Panoramaschichtaufnahme erlaubt dem/der Zahnarzt*ärztin mit einer Aufnahme eine universelle und umfassende Darstellung des gesamten Kieferbereiches und der angrenzenden Strukturen. Das trägt zu einer übersichtlichen und rationalen Untersuchungsstrategie bei. Bei extremer Frontzahnstellung kann die Ober- und die Unterkieferfront nicht gleichzeitig optimal wiedergegeben werden. Zudem kann es zu Überlagerungseffekten im Frontzahnbereich kommen, welche die Interpretation des Bildes in dem Bereich erschweren oder unmöglich machen. Durch die Rotation der Röntgenquelle und des Detektors werden einige anatomische Strukturen währen des Expositionszyklus zweimal aufgenommen. Daraus resultieren – neben der realen Abbildung von Objekten – Doppel- und Geistbilder (Ghosting), die ebenfalls Strukturen überlagern können. Der Abstand des Objektes zum Fokus und/oder dem Bildträger ist nicht überall gleich groß, woraus unterschiedliche Vergrößerungsfaktoren resultieren. Das kann exakte Messungen erschweren. Sind Bereiche auf der Panoramaschichtaufnahme nicht ausreichend zu beurteilen, wird empfohlen, den Röntgenbefund durch zusätzliche, aussagekräftige Einzelzahnfilme zu ergänzen.
Je nach Bezahnung kann der Röntgenstatus in der Zahl der Einzelzahnfilme stark variieren, meist umfasst er 10 bis14 Bilder. Um die Strahlenbelastung zu limitieren, sollten die Aufnahmen mit einem hochsensitiven Filmsystem (E-/F-Film) bzw. Speicherfolien/Sensoren, einem Langtubus und Begrenzung des Nutzstrahlenfeldes (Rechtecktubus, Kollimator oder Visierring am Filmhalter) erfolgen. Dadurch lässt sich die Strahlenbelastung auch bei einem Röntgenstatus so weit reduzieren, dass der Unterschied zur Panoramaschichtaufnahme nicht mehr sehr groß ist. Der Filmhalter ist ein wesentliches Instrument, um die Qualität intraoraler Aufnahmen zu verbessern. Sie vereinfachen zudem die Positionierung des Detektors im Mund des Patienten und erleichtern durch den Visierring und die Führungsstange die Ausrichtung des Tubus.
Die konventionellen Röntgenverfahren reduzieren die dreidimensionale Realität der Hartgewebe auf zweidimensionale Bilder und haben deshalb in der Darstellung des parodontalen Knochenabbaus, insbesondere vestibulär und oral der Zähne oder im Furkationsbereich, Nachteile. Deshalb ist die Möglichkeit einer dreidimensionalen röntgenologischen Darstellung für die parodontale Diagnostik sehr interessant. Die S2k-Leitlinie zur Dentalen digitalen Volumentomographie gibt folgende Empfehlungen für die Verwendung einer DVT in der Parodontologie:
Hochauflösende DVT-Aufnahmen mit begrenztem Volumen können in ausgewählten Fällen, in denen klinische und zweidimensionale Röntgenbefunde nicht ausreichen, um eine Therapieentscheidung zu fällen, zur Darstellung von Knochentaschen und Furkationsdefekten indiziert sein.
In Deutschland gibt es aktuell ca. 8 Millionen Menschen mit Diabetes. Pro Jahr kommen etwa 600.000 Neuerkrankungen hinzu. Zusätzlich zu den 8 Millionen Menschen mit Diabetes wissen weitere 2 Millionen noch nichts von ihrer Erkrankung. Bei 95 % liegt ein Typ-2-Diabetes vor. Bis zur ersten Diagnose leben Betroffene etwa 8 Jahre lang mit einem unentdecktem Diabetes (Quelle: diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe).
Es gibt auch Selbsttests zur Ermittlung des persönlichen Risikos, an einem Ty-2-Diabetes zu erkranken, auf die Sie Ihre Patienten aufmerksam machen können.
Der Fragebogen FINDRISC (FINnish Diabetes RIsk Score) evaluiert mit nur 8 Fragen das individuelle Risiko, in den nächsten 10 Jahren an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Der FINDRISK wird von der Deutschen Diabetes Stiftung zur Verfügung gestellt.
Mithilfe des vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) entwickelten Risiko-Tests können Patienten*innen Ihr persönliches Risiko ermitteln, innerhalb der nächsten 5 Jahre an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken.
Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V. (DG PARO)